BUND Kreisverband Odenwald

BUND schaut nach: Wie steht es mit der Verwirklichung von Umweltschutzanordnungen im Odenwaldkreis?

08. März 2021 | Pressemitteilung

Seit etwa 20 Jahren ist geltendes Naturschutzrecht: wer die Natur durch ein Vorhaben in Anspruch nimmt, muss dafür einen Ersatz leisten.

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

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Dieser Ersatz wird in vielen Fällen durch eine Geldzahlung geleistet in vielen Fällen wird jedoch eine konkrete Verpflichtung in Form einer Naturschutzmaßnahme angeordnet. Dann muss beispielsweise eine neue Hecke angelegt oder ein Baum gepflanzt werden. Besonders Kommunen stehen bei der Verabschiedung von Bebauungsplänen in der Pflicht, weil in diesen Plänen Flächen festgesetzt werden, auf denen solche Reparaturmaßnahmen an der Natur stattfinden sollen. Der BUND beklagt seit Jahrzehnten die Verschleppung und Ignorierung dieser Versprechen für den Naturschutz durch die Verwaltungen der Kommunen.

 

Streit über Zuständigkeiten

Im Odenwaldkreis ist bis heute nicht in allen Verwaltungen die Rechtslage angekommen, dass für die Verwirklichung von Bebauungsplanfestsetzungen dieser Art die Gemeinde selbst und ausschließlich die Verantwortung trägt. So ist in einer Beschlussvorlage einer Gemeindevertretung vom 02.07.2020 die Auffassung enthalten: „Die Kontrolle der Einhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplanes obliegt der Bauaufsichtsbehörde des Odenwaldkreises.“ Dies trifft zwar für die meisten Festsetzungen - aber nicht für alle – zu. Der BUND hatte darauf hingewiesen, dass die Untere Naturschutzbehörde schon 2017 bekanntgegeben hatte, dass naturschutzrechtliche Festsetzungen in Bebauungsplänen zu 80 bis 90% nicht umgesetzt wurden. Der Grund für diese Diskrepanz ist, dass die Kommunen glauben, der Kreis sei zuständig, während der Kreis weiß, dass er nicht zuständig ist.


Der BUND schaut nach

Im Internet sind für den Odenwaldkreis 2.361 durch amtlichen Bescheid angeordnete Maßnahmen für den Naturschutz einsehbar (http://natureg.hessen.de/). 208 dieser Maßnahmen sind aus Beschlüssen der Gemeinden hervorgegangen. Auf der Internetseite können Luftbilder angesehen werden, auf denen die Fläche der jeweiligen Maßnahme markiert ist. Durch Augenschein kann jede Person nachprüfen, ob die angeordnete Maßnahme auf der Fläche sichtbar ist oder nicht. Die Luftbilder sind zwischen einem und zwei Jahren alt, sie sind also nicht tagesaktuell.


Ein beschämendes Ergebnis

Die Recherche des BUND ergab, dass kreisweit bei 85% alle Fälle das Datum des Bescheids nicht genannt wird. Es kann also nicht gesagt werden, wie lange eine Maßnahme schon angeordnet
war. Bei der Hälfte der Maßnahmen war die Untere Naturschutzbehörde der Absender, bei einem weiteren guten Viertel lag ein Beschluss des Kreisausschusses zugrunde. In 80% aller Fälle sollten Bäume oder Sträucher gepflanzt werden, die übrigen 20% gliedern sich in 40 unterschiedliche Maßnahmen, die von der Gestaltung eines Waldrandes über die Vernässung einer Wiese bis zur Anlage einer Aufstiegshilfe für Fische reichen. Die Nachschau des BUND am Bildschirm zeigte bei 33% der Fälle ein negatives Ergebnis. Hier war auf der markierten Fläche kein Baum oder Strauch zu sehen. Ein leicht größerer Anteil (35%) der Flächen zeigte, dass tatsächlich etwas gepflanzt wurde. Beim Rest der Flächen (31%) war eine eindeutige Entscheidung nicht möglich. Damit ist klar, dass bei 64% aller angeordneten Maßnahmen eine Kontrolle der Realisierung von Pflanzmaßnahmen erfolgen muss, um Gewissheit zu erlangen.


Wie stehen die Kommunen da?

Die miserable Bilanz des Kreises wird durch ähnliche Befunde bei den kommunalen Projekten übertroffen. Nur die Hälfte der Odenwaldkommunen haben überhaupt ihre eigenen Naturschutzmaßnahmen in der Datenbank eingestellt, obwohl dies seit 2006 ihre gesetzliche Aufgabe ist. Der Landrat hatte im Frühjahr 2019 zu genau dieser Thematik den Kommunen eine Berichts- und Nachbesserungsfrist bis zu 10.12.2019 gesetzt – augenscheinlich ohne durchgreifenden Erfolg. Aus 2020 ist kein Bescheid datiert, aus 2019 sind es nur 11. Von den 208 kommunalen Maßnahmen erzielen 27% eine positive Beurteilung durch den BUND, bei einem Drittel der Fälle ließ sich das nicht eindeutig entscheiden. Mit 40% an offenbar unerledigten Maßnahmen ist die Quote der negativ beurteilten Fälle jedoch erschreckend. Die Kommunen Breuberg, Lützelbach und Höchst i. Odw. sind unangefochten Spitzenreiter in der Negativbilanz des BUND. Wenn zwischen 36% und 55% der Fälle in den drei Kommunen kein eindeutig positives Resultat sehen lassen, scheint es schwerwiegende Mängel in der Erfolgskontrolle von Naturschutzprojekten der Gemeinden zu geben.


Offene Fragen

Die Untersuchung des BUND hat über ein bekanntes Phänomen die Bestätigung auf Kreis- und Gemeindeebene erbracht: Mit den Versprechungen, durch Ausgleichsmaßnahmen den Schaden für die Natur wenigstens zu reparieren, ist es im Odenwaldkreis nicht weit her. Die politisch Verantwortlichen müssen sich fragen lassen, ob ihre Beteuerungen zur Erhaltung unserer Umwelt mehr als leere Worte sind. BUND-Sprecher Harald Hoppe: „Wenn die Maßnahmen aufgrund gesetzlicher Aufgaben derart schlechte Erfolge zeitigen, dann ist etwas faul im Kreis und in den Gemeinden. Wir führen das Drittel sichtbarer Maßnahmen auf die Erfüllung durch die privaten Adressaten der Bescheide zurück. Diese Menschen haben ihren Teil der Verantwortung ernst genommen. Ihnen gegenüber ist die mangelhafte Durchsetzung bei den verbleibenden zwei Dritteln der Fälle unannehmbar.“ Der Bericht des BUND Odenwald ist auf dessen Internetseite einsehbar: Bericht 

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