In letzter Zeit ist zunehmend von alternativen Ansätzen im Streuobstbau zu lesen, bei denen entweder direkt ausgesät oder sehr junge Unterlagen gepflanzt werden, mit anschließender Veredelung vor Ort. Zu den potentiellen Vorteilen zählen dabei:
- Höhere Diversität der Unterlagen. Durch die in Baumschulen übliche Verwendung standardisierter Unterlagen bildet sich im Wurzelraum gewissermaßen eine unterirdische "Monokultur".
- Deutlich weniger Wasserbedarf während der Anwachsphase.
- Der Erhalt der Pfahlwurzel trägt möglicherweise zur Widerstandsfähigkeit des Baumes in Trockenzeiten bei.
- Das Wurzelwachstum kann sich besser an die Bedingungen des Standorts anpassen.
- Die Verwendung von Saatgut gesunder, etablierter Bäume aus der näheren Umgebung begünstigt die genetische Anpassung an lokale Standortbedingungen.
Auch wenn solche alternativen Ansätze im erwerbsorientierten Obstbau möglicherweise nicht ohne Herausforderungen sind, könnten sie dort spannende Optionen bieten, wo es primär um den Erhalt der Streuobstwiese als wertvollen Landschafts- und Biotoptyp geht – und weniger um züchterischen oder kommerziellen Nutzen.
2024 haben wir mit ersten eigenen Gehversuchen begonnen und teilen auf dieser Seite in Tagebuchform unsere Erfahrungen.
Literaturhinweise:
"Bäume selbst vermehren", Streuobstwiesenzentrum Hessen:
"Schutzkonzept für Streuobstwiesen zur Anpassung an den Klimawandel", Naturschutz und Landschaftsplanung, 2022
"Klimawandel und Streuobst", BaumLand - Eine Kampagne des Fördervereins Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland e.V.
"Praxisleitfaden klimastabile Pflanzmethode im Streuobst", Christoph Meixner, 2024, TRIEBWERK - Regenerative Landund Agroforstwirtschaft UG
Herbst 2024
Über den Herbst haben wir von verschiedenen gut dastehenden und vitalen Apfelbäumen aus der näheren Umgebung Samen gesammelt. Die Samen wurden gründlich gewaschen und an der Luft getrocknet. Anschließend in einem Papierkuvert im Kühlschrank gelagert.
8. Dezember 2024

Damit die Samen keimen können, müssen sie zunächst eine Phase kühler Temperaturen durchlaufen. Wir erproben zwei Methoden und beginnen heute mit der Variante, bei der die Samen der natürlichen Winterwitterung ausgesetzt werden. Ein Teil der Samen haben wir dazu mit gewaschenem Spielsand in eine unglasierte Tonschüssel gegeben. Die Schüssel wurde bodeneben im Garten eingegraben und mit Draht abgedeckt.
26. Januar 2025

Wir starten mit einer zweiten Methode, die Samen zur Keimung zu bewegen. Die Kerne legen wir auf ein angefeuchtetes Küchenpapier und lagern es in einem Plastikbeutel bei etwa 5°C im Kühlschrank. Hin und wieder wird kontrolliert, ob sich an den Samen Schimmel bildet.
2. März 2025

Seit Mitte Februar kontrollieren wir zweimal die Woche, ob die Samen zu keimen beginnen. An den Samen in der Tonschüssel (erste Methode) waren heute die ersten Keime zu erkennen. Die gekeimten Samen haben wir etwa 2 cm tief in Töpfchen mit Anzuchterde gepflanzt. Im Laufe von etwa drei Wochen haben ca. 70% aller Samen aus dem Tontopf gekeimt.
11. März 2025

Die ersten Keimblätter zeigen sich :)
18. März 2025

Am 10. März haben wir die Samen der "Kühlschrankmethode" in einem geschlossenen Schuhkarton geschützt ins Freie gestellt. Auch diese Samen beginnen jetzt zu Keimen.
23. März 2025
Die ersten echten Blätter zeigen sich. Zu diesem Zeitpunkt haben die Sämlinge schon eine recht lange Pfahlwurzel gebildet. Es ist daher wichtig bei der Ansaat der Keimlinge ausreichend tiefe Pflanztöpfchen zu wählen.
Die Sämlinge werden nun am gewünschten Ort ausgepflanzt. Wir testen zwei Variaten: einzeln und in einem ca. 80 x 60 cm großen "Sammelbeet". Das Beet wird an der Stelle angelegt, an der auch der Baum wachsen soll. Wir haben 12 Sämlinge ins Beet gepflanzt. Später wählen wir die Pflanze aus, die sich am besten entwickelt hat und entfernen die anderen Bäumchen.
Wir pflanzen die Sämlinge ohne die Erde aus dem Anzuchttöpfchen zu entfernen, um die Wurzel nicht zu beschädigen.
13. Mai 2025

Die Bäumchen entwickeln sich bis jetzt ganz gut. Kurz nach der Pflanzung verfärbten sich bei fast allen Pflanzen die oberen Blätter in einem bräunlich-rötlichen Purpur. Nach etwa 2 Wochen war das aber bei allen Pflanzen wieder verschwunden. Wegen des ungewöhnlich trockenen Aprils haben wir Mitte des Monats einmal mit einer Gießkanne Wasser gegossen.
30. Mai 2025

So langsam zeigen sich ein paar vielversprechende Kandidaten. Andere bleiben noch etwas zurück. Kurzzeitig hatten zwei der Pflanzen an den Triebspitzen Blattläuse. Etwas Wasser mit Spülmittel hat gut geholfen ohne die Pflanzen zu schädigen.
10. Juni 2025
