BUND Kreisverband Odenwald

Welche Landwirtschaft brauchen wir?

04. Januar 2021 | Pressemitteilung, Landwirtschaft

Die Landwirte des Odenwaldkreises stehen unter einem enormen Druck. Im Echo vom 31.12.20 wird ihre Zwickmühle zwischen ökonomischem Erfolgsdruck und der immer schlechter werdenden Absatzlage beschrieben. Der BUND setzt sich für eine Wende bei der Aufgaben- und Lastenverteilung in der Landwirtschaft ein.

Grünlandbewirtschaftung im Odenwald

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

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Ist die Bürokratie an allem schuld?


Kreislandwirt Hans Trumpfheller verweist auf die steigenden Anforderungen an Landwirte, ihr Tun dokumentieren zu müssen. Diese Verpflichtung muss jedoch vor dem Hintergrund beurteilt werden, dass heute die Einkommen der Landwirte zu über 50% aus Fördermitteln der Europäischen Union stammen. Als Reaktion auf den ‚Weltmarkt‘ der Agrarpreise hat die EU diese europäische Regelung der Landwirtschaft eingeführt. Dabei stellt dieser ‚Weltmarkt‘ die Preisentwicklung der nordamerikanischen industriell durchgezogenen Produktion von Getreide und Tieren dar. Umweltbelange – wie der Einsatz von Giften oder die Haltung von 10.000 Rindern in einem Betrieb – stellen in den USA kein Problem dar. Es kann niemand ernsthaft fordern, dass Steuermittel ohne Prüfmechanismen und wirksame Kontrolle verteilt werden. Damit erscheint die Dokumentation der Betriebsweisen prinzipiell als gerechtfertigt und gegenüber dem halben Monatseinkommen nicht überzogen. 

 

Wirtschaftsweise ändern

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) tritt seit Jahrzehnten dafür ein, die Zahlungen an die Landwirte von deren Nutzen für die Allgemeinheit abhängig zu machen. Das Motto‚ öffentliches Geld gegen Leistung für die Öffentlichkeit‘ ist nach BUNDEinschätzung besser geeignet, die hiesige Landwirtschaft zu erhalten als die derzeitige ‚Geld-Gießkanne‘. Diese belohnt die großen Betriebe und bestraft die kleinen und zwingt immer mehr Kleinbetriebe zur Aufgabe. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: seit 1950 ist die Zahl der Vollzeit-Arbeitsplätze in der Landwirtschaft in Hessen bis 2000 um 95% und bis heute um 98% zurückgegangen. Um 100ha zu bewirtschaften braucht es heute nur ein Viertel der Arbeitskraft wie 1970. Diese Zahlen verdeutlichen aber gleichzeitig, dass offensichtlich die räumlichen Strukturen Deutschlands und des Odenwaldes mit den früheren Savannen Nordamerikas verglichen werden. Die Ökonomen haben es in der Politik durchgesetzt, dass dieser Vergleich im Lebensmittelmarkt für jede Einkäuferin sichtbar wird. Die hiesigen Landwirte haben das Nachsehen.

 

Leistungen für die Umwelt honorieren

Der BUND Odenwald fordert eine Honorierung der Umweltleistungen, die Landwirte bislang kostenlos für die Allgemeinheit erbringen. Dazu gehört zuerst die Leistung zum Schutz des Grundwassers, auf das niemand verzichten kann. Mit buchhalterischen Tricks zu versuchen, diesen Schutz auch noch zu umgehen – wie in einer jüngst erfolgten Entschließung des Kreistages geschehen – ist der falsche Weg. Besser ist es, die Landwirte dafür zu entlohnen, wenn sie z. B. zum Grundwasserschutz auf Düngung und Gifteinsatz verzichten. Die Fördermittel hierfür gehören kräftig aufgestockt – leider hat sich die Agrarlobby 2020 erneut dagegen in Brüssel für die nächsten 6 Jahre durchgesetzt. Die Regierungen in Wiesbaden und Berlin könnten hier ihren Ideenreichtum gegenüber der Landwirtschaftsindustrie, die 80% aller Subventionen mit der USA-Landwirtschaftsweise einstreicht, beweisen.

Der BUND Odenwald hält bürokratische Hürden für diskutierbar und tritt für sinnvolle Regelungen und Kontrollen ein. Eine Forderung nach Abschaffung und Rückkehr zu früheren Zuständen erscheint dagegen nicht erfolgversprechend. Die Dünge- bzw. Gülle-Problematik bedarf dringend einer Veränderung zum Besseren. Schließlich ist der Beitrag dieses Themas zur Verschlechterung der Umweltsituation in Deutschland fachlich unbestritten.

Der BUND bedauert, dass Hans Trumpfheller ein sachlich kaum relevantes Thema als existenziell für die hiesige Landwirtschaft benennt. BUND-Sprecher Harald Hoppe: „Nicht ein dahergelaufenes einzelnes Tier treibt die 600 Landwirte im Odenwald in den Ruin, sondern die falsche Weichenstellung zu einer Betriebsweise, die den Naturraum Odenwald und seine Anforderungen unberücksichtigt und unbezahlt lässt.“ 

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