BUND Kreisverband Odenwald

Rechtlicher Hintergrund für Baumfällung

24. Juni 2021 | Pressemitteilung, Naturschutz

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND Odenwald) ist über die eilige Fällaktion der Stadt Michelstadt am 22.06.21 erstaunt. Augenzeugen berichten über Bedrohungen durch Mitarbeiter der ausführenden Firma, die zu einer taktisch klug gewählten Zeit angerückt war.

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

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Fällung wurde vor Ort freigegeben

Die Polizei fragte nach einer amtlichen Bestätigung für die Aktion. Die Sägefirma konnte diese offensichtlich nicht vorweisen, sodass die Beamten sich telephonisch rückversichern mussten. Ebenfalls nach Augenzeugenberichten erfolgte dies durch ein Telephonat mit dem Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Odenwaldkreises, der sich jedoch, nach dem Echo-Bericht vom 24.06.21 als nicht zuständig bezeichnet hat.

 

Worin besteht die amtliche Rückversicherung der Stadt?

Die Darstellung von Bürgermeister Stephan Kelbert im Echo vom 24. Juni erscheint damit fragwürdig, da weder die rechtlichen Rahmenbedingungen korrekt zitiert werden, noch eine entsprechende Behörde als Freigabeinstanz benannt wurde. In der Stadtverordnetenversammlung hatte Kelbert sinngemäß ausgeführt: ‚Wir haben entschieden, das Bauvorhaben so weit nach Osten zu verschieben, damit auf der Westseite des Gebäudes eine möglichst große Freifläche entstehen kann.‘
Von einem Planungsfehler kann daher nicht die Rede sein. Es geht um die bewusste
Herbeiführung einer Situation, die voraussehbar mit der Fällung des Baumes enden musste.

 

Rechtlich korrekter Weg

Nach Einschätzung des BUND Odenwald gibt es zur Beseitigung eines per Bebauungsplan geschützten Baumes zwei Möglichkeiten: die erste besteht in der Änderung des Bebauungsplans und dauert etwa ein Jahr. Die zweite besteht in dem Antrag auf Befreiung von Vorschriften des Bebauungsplans durch die Bauherrschaft an die Baugenehmigungsbehörde. Diese beteiligt dann in der Regel die untere Naturschutzbehörde. Nach Informationen des BUND ist solch ein Antrag nicht gestellt worden. Wenn sich die verantwortlichen Politiker und Beamten also ‚vorher abgesichert haben‘, dann kann dies nur auf informellem Weg und ohne formal korrekte Bearbeitung geschehen sein. Man kann diesen Vorgang auch ‚behördliche Willkür‘ nennen – dies ist ein Straftatbestand. Eine ‚normale‘ Bauherrin hätte sich bei gleichen Umständen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren durch die Untere Naturschutzbehörde eingehandelt – wenn es dieser genehm wäre. Das heißt dann ‚Opportunitätsprinzip‘.

 

Der BUND fragt nach

Der BUND Odenwald hat wenige Stunden vor der Fällung bei der Bauaufsichtsbehörde des Odenwaldkreises die entsprechenden Fragen und Anträge gestellt. Er wird in der ersten Reaktion der Behörde auf Vollmachtsfragen der antragstellenden Person verwiesen. Da dies jedoch nur ein kleiner Stolperstein ist, wird die Klärung des prinzipiell wichtigen Sachverhalts dadurch nicht aufgehalten.
Der Kern des Konflikts lautet: Was sind Schutzvorschriften in Plänen wert, wenn sie durch informelle Verabredungen so leicht außer Kraft gesetzt werden können?

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