BUND Kreisverband Odenwald

Kein Insektenschutz in Naturschutzgebieten

03. Oktober 2021 | Pressemitteilung, Umweltgifte

Die Notwendigkeit, auf das Insektensterben zu reagieren, hat im Bundestag zu einem Rohrkrepierer geführt, den der BUND Odenwald dokumentiert.

Symbolfoto.  (pixabay / hpgruesen)

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

 

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Die Novellierung der ‚Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung‘ beschreibt in §4, wie künftig in Naturschutzgebieten mit Giftstoffen umgegangen werden darf.


Welche Maßnahmen sind gemeint?

Die Vorschrift hat den hochtrabenden Titel ‚Verbot der Anwendung in Gebieten mit Bedeutung für den Naturschutz‘ und bezieht sich auf Flächen, die im Bundesnaturschutzgesetz als schützenswert genannt sind. Von diesen Flächen gibt es im Odenwaldkreis Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete sowie die sogenannten ‚gesetzlich geschützten Biotope‘, die aber nur ihren Namen auf dem Papier tragen. Der gesetzliche Schutz beschränkt sich auf die bruchstückhafte Kenntnis dieser Flächen bei der Naturschutzbehörde, die aber mangels Personal nicht in der Lage ist, Anordnungen zu treffen geschweige denn zu kontrollieren und durchzusetzen. Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung verbietet nun auf manchen dieser Flächen zwar generell das Versprühen von Giften, macht aber gleichzeitig weitreichende Ausnahmen. Der Verordnungstext ist derart verwirrend, dass die Verwaltungsexperten zu verwirrenden Darstellungen kommen. Im Text enthaltene Ausnahmen werden in einer Folie als Verbot interpretiert. Die Verordnung bezieht sich bei der Flächenfestlegung leider nur auf ausgewählte Teile des Bundesnaturschutzgesetzes und lässt Zweifel aufkommen, ob auf dem Naturschutz gewidmeten Flächen überhaupt ein Gift-Verbot ausgesprochen wurde.


Beispiel FFH-Gebiete

Das europäische Recht hat auch im Odenwaldkreis das Netz von Flächen gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) eingeführt wurde. Die Flächen können auf der Internetseite des BUND Odenwald angeschaut werden , sie liegen überwiegend entlang der Gewässer Mümling, Gersprenz,Gammelsbach und Finkenbach nur in Oberzent, Brensbach und Bad König sind landwirtschaftlichgenutzte Flächen im Gebietsschutz enthalten. Es handelt sich um etwa 167ha, das meiste davon ist Grünland. In Brensbach liegen jedoch auch Ackerflächen im FFH-Gebiet und für diese wollte der BUND wissen, wie es denn künftig dort mit dem Gifteinsatz bestellt ist.

 

Eine schlampig formulierte Verordnung

Der zuständige Mitarbeiter in der Landwirtschaftsverwaltung leitete die Fragen an den Experten des Landes beim RP Gießen - Dr. Ruben Gödecke - weiter, der in seiner Antwort den Befund des BUND Odenwald bestätigte: ‚… exakt diese Paradoxien der Pflanzenschutz-AnwendungsVO haben auch beim Pflanzenschutzdienst für Unverständnis gesorgt‘ teilt er dem Umweltverband mit und bestätigt damit dessen Einschätzung, dass es auch künftig sogar in den europäischen Schutzgebieten erlaubt ist, Pflanzengifte auszubringen. Dr. Gödecke meinte weiter: ‚Es ist festzuhalten, dass diese Verordnung wohl mit heißer Nadel gestrickt wurde, was sie im Sinne des Naturschutzes bemängeln aber auch die Landwirte auf die Palme bringt, da diese Uneindeutigkeiten sich durch den gesamten Text ziehen.‘

 

Beispiel Gewässer

Ein weiteres Verwirrspiel führt die Verordnung für Flächen entlang der Gewässer durch: Nach Einschätzung der Fachwelt wäre es dringend nötig, den Einsatz jeglicher Chemikalien von Gewässern so fern wie möglich zu halten. Das Wasserrahmengesetz des Bundes nennt einen 10m Abstand als Schutzzone. Die hier beschriebene Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung nennt 5m und ermächtigt gleichzeitig die Länder, diesen Abstand auch noch zu reduzieren. In Hessen wurden - nach Kenntnis des BUND – 4m gewählt. Was aus Sicht der Umweltschützer deutlich zu nah an unseren Bächen ist. Der BUND Odenwald ist entsetzt, dass eine angesichts des Insektensterbens dringend nötige Reaktion des Staates auf den Gifteinsatz durch schwache und widersprüchliche Formulierungen ohne Wirkung bleiben muss. BUND-Sprecher Harald Hoppe: ‚Die Verordnung erlaubt weitere 3 Jahre die Anwendung von Glyphosat auch in Naturschutzflächen. Zudem soll die Landwirtschaftsverwaltung bis Mitte 2024 mit Landwirten ‚Einigung erzielen‘, ob und welche Mittel diese in Zukunft ausbringen wollen. Ein dringend nötige staatliche Rahmensetzung zu Gunsten des Naturschutzes sieht anders aus.‘ Ob die Kreisverwaltung personell für diese Aufgabe des Bundesgesetzgebers gerüstet ist, steht zu bezweifeln.

 

 

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