BUND Kreisverband Odenwald

Info für Parlamentarierinnen

02. März 2022 | Pressemitteilung

Der Kreistag des Odenwaldkreises hat am 14. September 2021 als Start einer Diskussion über die Zukunft des Odenwaldkreises das Kreisentwicklungskonzept veröffentlicht. Der BUND-Odenwald hat dieses Konzept 5 Tage später kommentiert und seine Forderungen dazu vorgetragen. Die wichtigste Kritik des Umweltverbandes bezog sich auf das Missverhältnis zwischen dem Anspruch und dem Inhalt der Planung. Ein Hauptsatz des Textes lautete: Taten sprechen lauter als Worte. Das Konzept hatte den Anspruch, die Bewertung des Odenwaldkreises durch die Bevölkerung als Maßstab der künftigen Handlungen formulieren zu wollen.

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

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Wirtschaftsförderung als wichtigste Aufgabe

Das Konzept befasst sich nur in einem Drittel seiner Aussagen mit dem Kernbefund der Bevölkerungsbefragung, die die Wertschätzung von Natur, Umwelt und Lebensbedingungen im Kreis als oberste Priorität ermittelt hatte. Als Hauptinteresse gilt die Förderung der Wirtschaft, die bekanntlich nicht als erste Adresse für die Verbesserung von Umweltbedingungen gilt. Der im Kreis ungebremste Flächenverbrauch durch Gewerbegebiete und Baugebiete konterkariert alle Beteuerungen zum Erhalt der ‚schönen Odenwaldlandschaft‘, die von den Menschen aber als erstes Schutzgut weit vor beruflichen Aspekten genannt wird.

 

Fachkompetenz von der UAS-Frankfurt

Um diese Diskrepanz näher zu beleuchten, hatte der BUND-Odenwald Prof. Dr.-Ing. Tine Köhler eingeladen, vor einem Kreis von Parlamentarierinnen der Odenwälder Parlamente ihre Erfahrungen und Vorschläge für eine zeitgemäße und an die Anforderungen der Zukunftssicherung angepasste Planung zu referieren. Etwa 25 Mitglieder der Parlamente folgten der Einladung und erlebten einen spannenden Einblick in Planungsgrundlagen und Perspektiven, wie er nur selten geboten wird. Professorin Köhler lehrt an der University of Applied Sciences in Frankfurt (der früheren Fachhochschule) das Fach ‚Landmanagement‘ und hat ihren Forschungsschwerpunkt auf das Thema ‚Entwicklung ländlicher Räume‘ gelegt. Sie gilt als eine der Expertinnen für die Frage, auf welche Themen und Entwicklungen ländliche Entwicklungsplanungen besonders eingehen sollten.

 

Neues Denken ist gefragt

Die Kernthese des Vortrags von Professorin Köhler war die Forderung, bei der Entwicklungsplanung neue Wege zu gehen und bisher ungedachtes ausdrücklich zu berücksichtigen. Die Thematiken des vorliegenden Konzepts ‚ignorieren … die (für ländliche Räume) wichtigen Bereiche Landwirtschaft und Klimaschutz/-anpassung‘ stelle Frau Köhler klar. Die Nähe zu den von derartigen Planungen betroffenen Menschen könne nur durch neue Initiativen der Beteiligung und der Beachtung von grundlegenden Bedürfnissen erreicht werden. Bei allem Verständnis für die begrenzten Einflussmöglichkeiten politischer Entscheidungen für tatsächliche Entwicklungen müsse in Zukunft die Sicherung guter Lebensumstände im Mittelpunkt stehen. Dabei gehe es nicht um ein Mehr an Gütern, Leistungen und Konsum sondern um die Qualität dieser Faktoren und ihre Bedeutung für die Bewertung durch die Menschen.

 

Vier Grundthesen

Als Handlungsempfehlung formulierte die Wissenschaftlerin 4 Thesen für die Aufgaben der Raumentwicklung:

  • Ressource Land schützen
  • Natürliche Lebensgrundlagen schützen
  • Wohnraum entsprechend der Nachfrage anbieten
  • Gewerbeflächen entsprechend Bedarf bereitstellen

Mit konkreten Maßnahmen zu diesen Aufgaben werde auch den erhobenen Bedürfnissen der Menschen im Kreis Rechnung getragen. Der Begriff ‚Umweltgerechtigkeit‘ wurde von Professorin Köhler für die schwierigen Aushandlungsprozesse als hilfreiches Kriterium vorgestellt. Die Unterschiede der Einkommen und der Verfügbarkeit von Raum zwischen Stadt und Land könnten mithilfe dieses Begriffs eher in konkrete Planungsgrundlagen der Kommunen einfließen als es bislang der Fall war. Am Beispiel der Baulandausweisung verdeutlichte Frau Köhler die bisherige falsche Weichenstellung der Politik hinsichtlich ihrer ersten These. Neubaugebiete seien angesichts freier Bauplätze im Siedlungsbereich nicht angebracht. An den Vortrag schloss sich eine fast einstündige lebhafte Diskussion mit den Entscheiderinnen aus den Parlamenten an. Es ist zu hoffen, dass mit dieser Information durch den BUND-Odenwald die künftigen Beschlüsse über die Kreisentwicklung auf eine nachhaltige Grundlage gestellt werden.

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