Mit der Planung wird die letzte freie Fläche zwischen dem Stadtgebiet und Erlenbach bebaut, die bislang als Frischluftbahn für Kaltluftströme ins Tal funktioniert hat. Das Parlament folgt damit erneut einer Planung, die als einziges hervorstechendes Merkmal die Ignoranz gegenüber dem Eingriff in den Naturraum aufweist.
Die Klimakatastrophe wird weiter befeuert
Das durch die abgewählte CDU/SPD-Bundesregierung ermöglichte Verfahren zur Planaufstellung wurde 2017 mit der Notwendigkeit begründet, schnell bezahlbaren Wohnraum in Ballungsgebieten bereitstellen zu können. Die Erfahrungen der Praxis zeigen jedoch, dass die überwiegende Zahl der mit dieser Regelung durchgeführten Planungen ‚normale‘ Einfamilienhausgebiete auf dem Land entstehen ließen. Das Baugebiet ‚Auf der Höhe‘ am Erbacher Kreuzweg war das erste unrühmliche Beispiel dieser Praxis.
Bauen gegen die Natur ist kein muss
Der BUND-Odenwald stellt klar, dass die Anwendung des ‚vereinfachten beschleunigten‘ Planverfahrens keine ‚Muss-Vorschrift‘ des Baugesetzbuches ist. Sie wird vom Parlament freiwillig beschlossen – weil dies im Gesetz so ermöglicht wurde. Das normale Planverfahren mit einer Bilanzierung der Naturzerstörung und dem daraus abgeleiteten Ausgleich steht immer noch zur Verfügung. Die Erbacher Stadtverordneten haben sich also bewusst und ohne Zwang gegen den Naturausgleich entschieden.
Planfehler
Die in diesen Tagen vorgelegte Planung weist erhebliche Fehler auf, von denen der schwerste eine im BauGB verbotene Doppelfestsetzung darstellt. Eine bislang als Grünland genutzte Fläche wird sowohl als öffentliche Grünfläche als auch als Fläche für Maßnahmen für Natur und Landschaft dargestellt. Die Erbacher etikettieren also eine Flasche Wasser gleichzeitig als Wein und als Essig. Zusätzlich soll laut Planentwurf aber auf dieser Fläche noch zwei Mal pro Jahr gemäht werden – was eine eindeutig landwirtschaftliche Nutzung ist. Dadurch kommt ein drittes Etikett - ‚Milch‘ - auf die Flasche.
Aus Fehlern nichts gelernt
Im Januar 2021 hatte der BUND-Odenwald auf dem Gebiet der Kreisstadt ein erhebliches Defizit bei der Realisierung von Ausgleichsmaßnahmen aus Bebauungsplänen festgestellt. Die 2018 übersandte Dokumentation für dasselbe Phänomen bei den Ausgleichsflächen am Westhang, die seit 20 Jahren ihrer Realisierung harren, blieb unbeachtet. Die Befunde hindern die Verwaltung nicht, erneut Festsetzungen in einen Plan hineinschreiben zu lassen, die nicht kontrolliert und schon gar nicht durchgesetzt werden können. Es bleibt völlig offen, wer die Anordnungen zur Bepflanzung wann realisieren soll und wer das bezahlt. Dieser klassische Fehler von Bebauungsplänen führte unter anderem zu dem zitierten Ausgleichsdefizit, dessen Behebung seitens der Politik vom künftigen Landschaftspflegeverband Odenwaldkreis erwartet wird. Solange aber Parlamente weiterhin Planungen der hier kritisierten Art absegnen, ist dies eine trügerische Erwartung. Der BUND ist entsetzt, dass die im Odenwald angekommene Klimakatastrophe im Erbacher Stadtparlament unbemerkt geblieben ist. Eine verantwortungsvolle Planungspolitik sieht anders aus.