BUND Kreisverband Odenwald

Erbach ohne Engagement für Umwelt- und Natur bei der Bebauungsplanung

19. Dezember 2022 | Pressemitteilung, Nachhaltigkeit, Naturschutz

Die Stadt Erbach ist seit Jahren im Odenwaldkreis Vorreiterin bei der Ausweisung von Baugebieten mit Hilfe des von Umweltverbänden als ‚naturschutzfeindlich‘ bewerteten Aufstellungsverfahrens nach §13a+b Baugesetzbuch (BauGB). Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, die Inanspruchnahme von Natur ohne den sonst erforderlichen Ausgleich in Form von Reparaturmaßnahmen durchzusetzen. Bei der Überplanung der südlichen Innenstadt an der neuen Lustgartenstraße zeigt die Stadt, dass sie dieser Haltung weitere Verschärfungen hinzufügen will.

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

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Neue Bebauung des ehemaligen Möbelhauses

Der jetzt offengelegte Bebauungsplan erfüllt alle Wünsche der Bauprojektierer und setzt das benachbarte FFH-Gebiet – die Mümling und ihre Ufer – unter weiteren Stress. Die Stadt bietet zudem Gutachten auf, um die kritische Situation zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Mümling zu relativieren. Die Stadt zieht sich bei der Beurteilung der Bebaubarkeit auf die ‚amtlich festgesetzte Grenze des Überschwemmungsgebietes‘ zurück und will großzügig die neue Bebauung des Areals ermöglichen.

 

Überholte Daten zum Hochwasserschutz


Dabei verläuft diese Grenzlinie bereits heute durch die vorhandene Bebauung und zeigt, dass Gebäude hier einmal pro Jahr ‚nasse Füße‘ bekommen können. Neue hydrologische Berechnungen verdeutlichen aber, dass selbst mit dem neuen Hochwasserschutz bei Ebersberg ein ‚extremes Hochwasser‘ die Friedrich-Ebert-Straße selber überfluten würde – genauso wie den Lustgarten. Die Stadt zeigt mit den Festsetzungen im Bebauungsplan, dass die Folgen des Klimawandels für ihre Entscheidungen keine Rolle spielen. Die Besucher des künftigen Ärzte- und Gesundheitszentrums können ja bei Hochwasser mit dem Paddelboot zum Arzt kommen. Bekanntlich war das Aartalhochwasser 2021 ebenfalls ein ‚extrem selten‘ erwartetes Ereignis ( 1Mal in 1.000 Jahren).

 

Bauen immer – Umweltschutz nie!

Das Motto drängt ich auf, wenn einzelne Festsetzungen unter die Lupe kommen. Das Ärztezentrum soll gegenüber den Nachbargrundstücken den nach der Hessischen Bauordnung geforderten Grenzabstand einhalten. An der Mümling soll jedoch bis ans Ufer gebaut werden, womit die Entwicklung des FFH-Gebietes auch für die nächste Generation unmöglich gemacht wird. Diese besteht innerstädtisch ohnehin nur in rudimentären Maßnahmen an der Uferbepflanzung. An eine ‚Renaturierung‘ der eher als Betonkanal zu bezeichnenden Mümling ist bei der Stadt nicht gedacht worden.

 

Gute Idee – schlecht geplant

Eine der zentralen Forderungen im Umweltschutz ist die öffentliche Zugänglichkeit zu den ebenfalls öffentlichen Gewässern. Leider sieht sich die Stadt überfordert, diesen Gedanken unter Einbeziehung der entsprechenden Fachkompetenz durch ihr Planungsbüro auch zu realisieren. Statt dessen wird weiterer Schaden geplant, indem die Wegeverbindung im ohnehin nur minimalen Uferrandstreifen angelegt und sogar noch auf einem Damm gebaut werden soll. Die Naturschutzbehörde darf sich dann glücklich schätzen, diese Ausführung verhandeln zu können – eine positive Berücksichtigung eines FFH-Gebietes ist auch in Erbach nicht in Sicht.

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