BUND Kreisverband Odenwald

Bundestag schwächt den amtlichen Naturschutz

31. Juli 2022 | Pressemitteilung, Naturschutz, Energiewende

Durch die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) am 20.07.2022 wurden wichtige Hindernisse, für die Umwelt- und Naturschutzverbände in Jahrzehnten gekämpft hatten, beseitigt. Die Regierungskoalition von SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen zog die Konsequenz aus der bislang offenen Kontroverse um die Qualität des Naturschutzes in Deutschland. Der Bundestag entschied sich gegen den Naturschutz, um die beabsichtigte notwendige Energiewende zu beschleunigen.

Der Bundestag hat auf diese Waldschäden mit einer Verschlechterung des Naturschutzgesetzes reagiert - menschliche Eingriffe haben größeren Vorrang!

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

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Naturschutzwende

Der BUND hatte einem Kompromiss auf Landesebene zugestimmt, der Vorrangflächen auf 2% der Landesfläche vorsah. Bislang wurde hier im Einzelfall der Artenschutz anhand von Gutachten beurteilt. Die Windkraftgegnerschaft hatte bekanntlich exzessiv das Argument des Artenschutzes eingesetzt, um Windräder generell zu verhindern. Die gut organisierte Interessengruppe zog deutschlandweit gegen Windradplanungen vor Gericht, auch im Odenwaldkreis wurde eine Vereinigung aus dem Ruhrgebiet in dieser Richtung tätig.

Für den BUND-Odenwald war die fachliche Diskussion um die Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten durch den Menschen bislang mit den geltenden Regelungen des Naturschutzgesetzes ausbalanciert – obwohl noch Wünsche offen blieben. Dies ist seit einer Woche anders.

Windradplanungen sind nunmehr in den ausgewiesenen Vorranggebieten privilegiert und müssen keine eigenen Kartierungen von Tieren und Pflanzen mehr vorlegen. Es wird anhand der Aktenlage bei den zuständigen Naturschutzbehörden entschieden – und die ist denkbar schlecht. In den vergangenen 20 Jahren hat die Naturschutzbehörde des Odenwaldkreises kein einziges Artengutachten beauftragt. Ob sich die Umweltverbände bereitfinden, angesichts der neuen Gesetzeslage weiterhin Daten zur Verfügung zu stellen, ist noch nicht ausgemacht.

 

Pyrrhus-Sieg der Windkraftgegner auf Kosten des Naturschutzes

Der BUND hat diese Entwicklung seit Jahren vorhergesehen und die Berufung auf eigene Beobachtungen von Bürgerinitiativen stets kritisch hinterfragt. Die fachliche Beurteilung der Gefährdungslage von Milan und Fledermäusen erscheint unter Fachleuten noch immer nicht eindeutig. aber wichtige Erkenntnisse lassen die Vermutung zu, dass durch Windräder keine Ausrottung gefährdeter Tierarten zu befürchten ist. Ob das zutreffend ist, wird die Zukunft in der Natur zeigen – aber beim Gegenbeweis leider zu spät.

 

Ökonomie übertrumpft Naturschutz

Die Interessen der Windradindustrie haben sich im Naturschutzgesetz (§45b) auf breiter Front durchgesetzt. Es gibt nun maximale Einbußen, die durch naturschützende Auflagen hinzunehmen sind – die internationalen Schiedsverfahren zum Investorenschutz lassen grüßen. In einer Berechnungsvorschrift zur Finanzierung von Artenschutzprogrmmen (Anlage 2) werden 33 Wirkfaktoren in 24 Beziehungsformeln miteinander verknüpft - komplexer geht es nicht. Als Resultat ergibt sich eine Zahlungsverpflichtung der Betreiber in ein Artenhilfsprogramm.  Es wird im Gesetz nunmehr auf regionale oder gar deutschlandweite Gefährdungen von Arten abgestellt, die jeder lokalen Betrachtung den Boden entziehen. Die bisher geltende Regelung, dass selbst in den Windvorranggebieten der Artenschutz Priorität hat, wurde leichtfertig geopfert. Leider wurde der seit wenigen Jahren im Odenwald wieder ansässige Schwarzstorch nicht in die gesetzlichen Schutzanforderungen aufgenommen.

Die Erfordernisse des Klimaschutzes werden mit dieser Gesetzesnovelle leider einseitig vom Konto ‚Naturschutz‘ abgebucht. Der politische Entscheidungsprozess hat jedenfalls keine Anforderungen an den Energieverbrauch oder gar an Energiespar-Strategien hervorgebracht. Der BUND-Odenwald bedauert, dass sich in der Regierungsbeteiligung einer ‚Öko-Partei‘ eine Katastrophe für den Naturschutz im Text eines Gesetzes findet, das seinen Titel ‚Naturschutzgesetz‘ so nicht mehr verdient.

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