BUND Kreisverband Odenwald

Breuberg übernimmt Investoren-Plan

13. Juli 2022

Der von den Investoren vorgelegte und bezahlte Plan trägt deutlich die Handschrift der Interessenten. Die Belange des Allgemeinwohls - Klima, Landwirtschaft, fußläufiges Einkaufen für alle - fallen unter den Tisch.

Der Supermarkt in Breuberg auf der grünen Wiese wird etwa so aussehen.

PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE

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Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln überlässt die Politik den Interessen der Wirtschaft. Das ist nichts Neues – hat aber in den letzten 50 Jahren in ländlichen Räumen wie dem Odenwald dazu geführt, dass diese Bevölkerung ihr Einkaufsverhalten an die Bedingungen der Wirtschaft anpassen muss. Dabei bleibt das Allgemeinwohl auf der Strecke, wie sich an der Planung des Einkaufszentrums in Neustadt und Rai-Breitenbach zeigen lässt.


Kein Lernen aus den Katastrophen

Nach Einschätzung des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Odenwald ist die vorgelegte Planung ein gutes Beispiel für die Unbeweglichkeit der Wirtschaft, wenn es um Natur geht. Die Auswirkungen der Klimaveränderung werden nicht zur Kenntnis genommen – auch in Breuberg hält man es für ausreichend, wenn die bisherigen Annahmen von Überschwemmungsgebieten unhinterfragt beibehalten werden. Das Plangebiet liegt ja nur zum Teil in einem vom Hochwasser gefährdeten Bereich. Da reicht ein entsprechender Textbaustein im Plan, und alles kann wie immer weitergehen. Zur Erinnerung: auch im Aartal hielt man die bisherigen Rechenannahmen der Wasserwirtschaftler für ausreichend.

 

Der private Pkw ist fürs Einkaufen unverzichtbar

Teil der Planung ist eine Untersuchung von 4 Standortalternativen in Neustadt und Hainstadt, die zum Teil bereits als gewerbliche Bauflächen in der städtischen Planung enthalten sind. Geschickt schließen die Verfasser alle anderen Flächen aus, da wird die Flächengröße bemängelt, der Naturschutz als Hindernis aufgebaut oder die fußläufige Erreichbarkeit als besonders schwierig dargestellt. All das ist beim gewählten Standort zwischen Rai-Breitenbach und Neustadt anders. Obwohl gerade mal diese beiden Orte theoretisch auch zu Fuß erreichbar sind, geht die Marktanalyse von einen nur per Pkw erreichbaren Kundenkreis bis nach Lützelbach sowie von den Berufseinpendlern aus. Der gewählte Standort wird über Wunschvorstellungen ‚an den ÖPNV gut angebunden‘, die sich am üblichen Politik-Sprech orientieren, aufgewertet.

 

Die Regionalplanung wird ausgehebelt

Die Ziele der Raumplanung sprechen eine andere Sprache: das Plangebiet ist landwirtschaftlich genutzt. Dies hat (eigentlich) Vorrang vor anderen Ansprüchen – aber die Planer teilen mit, es handle sich ja nur um eine kleine Fläche. Das Tal des Breitenbachs erfüllt Funktionen für das Klima – ein 130m langes bis 18m hohes Gebäude quer zum Tal kann da wohl keine Rolle spielen versichern die Planer. Die Zersiedlung des Mümlingtals hat in Breuberg schon extreme Formen angenommen – das Zusammenwachsen von Neustadt und Rai-Breitenbach ist dann doch nicht so wichtig, dass man es erst gar nicht erwähnt.

 

Ein Plan voller Geschenke an die Investoren

Wie nicht anders zu erwarten – der Plan wird schließlich von den Investoren bezahlt – finden sich massive ‚Geschenke‘ in Form von unverbindlichen aber schön klingenden Texten im Entwurf. Hier wird der Versuch unternommen, hohe Erwartungen zu wecken, denen aber keine Substanz bei den Festsetzungen entspricht. ‚Dachflächen der Hauptgebäude, welche nicht mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden, sind ... mit Moos oder anderweitig geeigneten bodendeckenden Pflanzen zu begrünen‘ heißt es. Um diese Vorgabe zu umgehen, ist ein einziger PV-Kollektor auf dem 2.500m2  großen Dach erforderlich, weil keine Flächengrößen genannt sind. Die Begrünung mit Moos (wiegt sehr wenig!) zeigt, dass es auf die Vermeidung von statisch zu berücksichtigenden Konstruktionen für eine echte Dachbegrünung ankommt. Der BUND Odenwald hält die Planung – in Übereinstimmung mit der Naturschutzbehörde – für abwegig, da ausreichend Flächen vorhanden sind, die schon morgen genutzt werden könnten. Aber dafür müssten die Betriebswirtschaftler Kompromisse mit dem Allgemeinwohl eingehen. Aber so weit ist man dort offenbar noch nicht. Ob sich die Stadtverordneten von Breuberg deren aus der Zeit gefallenen Argumenten anschließen?

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