PRESSEMITTEILUNG VON HARALD HOPPE
Erweiterungsplan für die Seniorenresidenz
Die in Beerfelden ansässige Seniorenresidenz mit 120 Beschäftigten plant seit längerer Zeit ihre Erweiterungen. Der Plan sieht 70 zusätzliche Wohneinheiten vor. An dieser Zielsetzung ist nichts auszusetzen, zumal der Standort am Stadtrand eher unproblematisch erscheint. Die Firma verfügt über die Erweiterungsflächen. Allerdings tut sie sich offenbar schwer, die gesetzlichen Vorgaben zur Bauleitplanung einzuhalten. Die (wahrscheinlich) von der Firma beauftragten Landschaftsplaner haben einen Planentwurf vorgelegt, der fachlich erhebliche Mängel aufweist.
Fehler im Plan
Der BUND sieht über Fehler, die in der Regel nur für Fachleute interessant sind, an dieser Stelle hinweg. Diese sind in seiner Stellungnahme dokumentiert, die der Verband am Wochenende der Stadt übermittelt hat. Gravierend wird es jedoch, wenn im Planentwurf Belange ignoriert werden, die zu den Grundzügen einer korrekten Planung gehören.
So wird vorgetragen, dass für die Verkehrssituation in der Anliegerstraße, an der die Residenz liegt, trotz der geplanten Erweiterung keine Änderung erwartet wird. Dabei wird das Verkehrsaufkommen von 70 zusätzlichen Wohnungen und 50 neuen Arbeitsplätzen einfach ignoriert. Die planungsrechtliche Ausweisung des Komplexes wird als ‚Allgemeines Wohngebiet‘ gewählt – wobei die Existenz einer Seniorenresidenz dieser Größe mit dieser Klassifizierung vereinbar ist. Der Unterschied liegt in der Zulässigkeit von Nutzungen und der Höhe der Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft, die toleriert werden müssen. Entsprechend war das Gebiet im Flächennutzungsplan auch als ‚Sondergebiet‘ eingestuft worden. Ab einer bestimmten Größenordnung müssen die Auswirkungen auf die Nachbarschaft in einem Sondergebiet besonders ermittelt und berücksichtigt werden. Diese Rücksicht erspart sich die Firma durch die von ihr geplante Einstufung des Gebietes als allgemeines Wohngebiet.
Gänzlich skurril wird es, wenn die offensichtlichen Beeinträchtigungen (durch Lieferverkehr) gemildert werden sollen. Der Plan enthält eine Passage ‚zum Immissionsschutz‘, in der für sogenannte Ruhezeiten (z.B. Werktags06:00–07:00 und 20:00-22:00 Uhr) bestimmt wird, dass jeweils nur ein Lieferfahrzeug zur Residenz fahren darf. Wer soll und will so eine Bestimmung kontrollieren und durchsetzen? Die Nachbarschaft ist zur Stellung einer Verkehrswacht verurteilt, will sie sich gegen unzumutbaren Verkehrslärm durch Lieferfahrzeuge wehren.
Naturschutz wird ignoriert
Beim Umwelt- und Naturschutz wird die Absurdität der Planung besonders deutlich. Wahrscheinlich aus einer früheren Baugenehmigung hatte die Residenz-Firma die Auflage erhalten, auf etwa 11.000 m² eine Streuobstwiese anzulegen. Dazu müssten heute dort etwa 110 Bäume zu sehen sein – im Alter von etwa 10 Jahren. Der BUND hatte bereits im Frühjahr 2021 auf die fehlende Realisierung dieser Verpflichtung aufmerksam gemacht – ohne Resonanz bei den Behörden, wie heute zu erkennen ist. Die Stadt Oberzent scheut sich nicht, diese Ignorierung einer Nebenbestimmung der Baugenehmigung als irrelevant abzutun und zu sanktionieren. In der Bilanzierung der Planeingriffe wird diese nicht vorhandene Streuobstwiese dennoch als Bestand aufgeführt. Deutlicher kann man die Geringwertigkeit des Umwelt- und Naturschutzes als gesellschaftliches Ziel nicht formulieren.
Der BUND hat dieser Planung die Note 6 – ungenügend – erteilt.